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Subjektive Sicherheit: Bilanz Fehlanzeige

Wann ist eigentlich in Ruhrort die objektive Sicherheit verschwunden? Diese Frage stelle ich mir als ich auf die Formulierung stoße, die über diesem Posting als Überschrift steht und die von unserem König geprägt wurde: Subjektive Sicherheit. Es muss schon wirklich schlimm um den Stadtteil Ruhrort stehen wenn sich erstens Menschen dort nicht sicher fühlen und zweitens diese Sicherheit ebend nicht durch geschultes Personal wie z.B. – na ja – Polizisten? – gewährleistet werden kann.

Klar, als Erfolg werden alle diese wunderbaren Maßnahmen geführt: DVG-Begleiter, Scouts, Ranger – haben wir alles in Duisburg. Alles Ein-Euro-Jobs mit denen die Menschen fit gemacht werden sollen für den ersten Arbeitsmarkt. Zumindest sollen, so habe ich mir das mal erklären lassen bevor ich selber sowas gemacht habe, durch einen Ein-Euro-Job wieder geregelte Arbeitszeiten, das Arbeiten im Team gelernt und die Selbstachtung gestärkt werden. Sollen.

Der Erfolg solcher Maßnahmen? Laut einem WAZ-Artikel aus dem Jahr 2008 soll der hervorragend sein. Die einzige Quelle allerdings dafür ist das, was die ARGE selbst an Zahlen herausgegeben hat. Was nicht viel ist. Also – nur ein Satz fast:

Am stärksten entlasten den Duisburger Arbeitsmarkt die sogenannten Ein-Euro-Jobs. 3876 Arbeitslose wurden über GWA(Gemeinwohlarbeit)-Projekte beschäftigt.

Punkt. Vielleicht gibt die Seite der ARGE selbst Aufschluß darüber wieviele es in den Ersten Arbeitsmarkt – auch so eine merkwürdige Formulierung eigentlich – geschafft haben? Schließlich ist das doch PR in eigener bester Sache wenn man Erfolge vorweisen kann?

Wenn man die Pressemeldungen der letzten drei Jahre auf der Seite der ARGE durchforstet findet man – tja – nichts wäre noch übertrieben. Es gibt offenbar keine separaten Zahlen darüber wieviele Ein-Euro-Jobber von der ARGE wirklich in den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt worden sind bzw. über diese Beschäftigung wieder in Lohn und Brot kamen. Seltsam. Dabei brüstet man sich doch sonst so gerne mit fulminanten Behauptungen was die ARGE in Duisburg anbetrifft – bei der nicht alles zum Besten steht, was man im Rathaus aber offenbar auch nicht so ganz wahrhaben möchte.

Doch vielleicht ist es etwas vorschnell – vielleicht habe ich eine Pressemeldung der Stadt einfach übersehen. Der Newsdesk bringt Abhilfe. Oder auch nicht. Trotz aller möglichen Suchoptionen findet sich dort auch nichts über eine Bilanz, die erzählt wie erfolgreich diese Maßnahmen in Duisburg sind. Sollte sich damit wirklich keiner ernsthaft mit beschäftigt haben? Oder ist der Focus zu eng?

2005 gab es laut Netzeitung schon Kritik an den Ein-Euro-Jobs von den Wohlfahrtsverbänden in NRW. Danach

seien bisher lediglich fünf bis zehn Prozent der Ein-Euro-Jobber in reguläre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt worden. Die Ein-Euro-Jobs taugten daher «nur sehr bedingt» als Instrument zur Wiedereingliederung, kritisierte Immer.

Und das war etwa sieben Monate nachdem man Hartz-IV einführte. Vielleicht suche ich ja auch falsch durchfährt es mich – Wohlfahrtsverbände gibts auch in Duisburg. Haben die vielleicht Material über Ein-Euro-Jobber?

André Goede und Peter Priebe suchen mit Unterstützung des Jobcenters des Diakoniewerks Duisburg nach beruflichen Perspektiven. Als „Ein-Euro-Kräfte“ verzichteten sie auf Urlaub, weil sie froh waren, „endlich wieder etwas zu tun zu haben“. Sie bilden sich weiter, sie entwickeln im Rahmen ihrer Tätigkeit eigene kleine Projekte. Chancen auf dem „ersten Arbeitsmarkt“ sehen Sie aber kaum.

So beginnt der Artikel auf der Webseite der Diakonie, der zwei Einzelschicksale darstellt. Allerdings: Auch hier nichts über die Bilanz an sich. Aber es muss doch irgendwo… Aha. Das IAB.

Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung gab 2007 eine Studie heraus. (PDF-Download!) Nun ist natürlich die Frage inwieweit das Institut an sich vertrauenswürdig ist – aber immerhin, es gibt eine Studie! Und die besagt – nun:

Dass die Betriebe die Mehrzahl der Zusatzjobber als geeignet für eine Beschäftigung
auf dem ersten Arbeitsmarkt einschätzt, bedeutet jedoch
nicht, dass ein Übergang auch möglich ist. Nur bei 2% aller geeigneten
Zusatzjobber wird beabsichtigt, diese in die Belegschaft zu übernehmen,
bei weiteren 5% denken die Betriebe darüber nach. Für alle anderen besteht
die Möglichkeit der Übernahme aus betrieblicher Sicht nicht. Hauptgrund
dafür sind fehlende finanzielle Mittel (78% dieser Fälle).

Da wundert es einen nun nicht, dass es in Duisburg keine jubelstrahlenden Meldungen über die gekonnte Vermittlung von Ein-Euro-Jobbern in den normalen Arbeitsmarkt gibt. Sehen wir mal davon ab, dass es zur Zeit eh schwieriger als sonst sein dürfte in normale Arbeit zu kommen sind die Zahlen von 2007 für den Bund eindeutig ernüchternd genug. Im vorherigen Absatz wird auch nochmal ein Aspekt gezeigt, der wichtig ist: Viele Ein-Euro-Jobber sind einfach nicht für den Ersten Arbeitsmarkt qualifiziert – fehlende Berufsausbildung, abgebrochene Schulkarriere – da hilft dann auch das Rumrasen in Ruhrort nicht wenn einfach die Qualifikationen nicht vorhanden sind. Und ob die Stadt diese Scouts oder was auch immer nach dem Ende der Maßnahme beschäftigen wird – unwahrscheinlich. Denn siehe oben: Dafür ist dann anschließend nämlich kein Geld da. Und so kommt es dann, dass man – nach dem Ablauf der Wartezeit – von einer Maßnahme zur andern herumgereicht wird.

Subjektive Sicherheit – vermutlich wird die tatsächlich vor Ort in den Bezirken gestärkt. Denn wenn das Projekt ja so toll läuft in Ruhrort wird das sicherlich auch noch ausgeweitet werden, je mehr aus der Statistik, desto besser im Wahljahr 2009. Objektiv allerdings bleibt die Unsicherheit: Da die Scouts ja nicht die Polizeiaufgaben übernehmen können müssen sie bei Konflikten zurückstehen. Was im Prinzip heißt, dass sie vermutlich nicht in irgendwelche Prügeleien eingreifen dürfen oder in Gefahrensituationen ihren Mann stehen dürfen. Sondern dann bei der Polizei um Hilfe bitten.

Nun, es reicht vielleicht Präsenz zu zeigen – früher allerdings machte man das dadurch, dass man einen Polizisten durch die Gegend schickte. Heute dagegen machen das Ein-Euro-Jobber. Bezeichnend? Irgendwie schon.